Zeitgenössische Kunst als Möglichkeit Geld zu waschen
Leute mit einem Haufen Schwarzgeld – also, so richtig viel, müssen sich immer wieder neue Dinge einfallen lassen, um aus schwarzem Geld, offizielles Geld zu machen. Was läge da näher, als auf den Kunstmarkt zu gehen, denn wie auf keinem anderen Markt lassen sich Preise von Kunst so frei skalieren. Sprechen wir von Kunst, dann sprechen wir von Gemälden, Skulpturen, Streetart und der berühmten Fettecke, die als Installation von Beuys eben auch Kunst ist.

Heute erklären wir Ihnen, warum zeitgenössische und unbekannte Kunstobjekte manchmal so unerklärlich teuer sind. Natürlich dreht sich alles um das Geld oder vielmehr um die Legalisierung – Geldwäsche.

Zeitgenössische Malerei

Zeitgenössische Malerei. Quelle: pixabay.com, Hans

 

Der Spur des Geldes folgen

Heute kann man Kunstwerke legal kaufen, sagen wir mal für ein paar Tausend Euro, den Künstler ein wenig pushen und dann das Ganze an einen "irren Sammler" für eine Million verkaufen. Wer kann das schon nachweisen?

Dieser wichtige Umstand öffnet Kriminellen, aber auch Menschen, deren Geld illegal erwirtschaftet wurde und die ihr illegales Geld waschen möchten, Tür und Tor. Dabei nutzen sowohl Kriminelle, als auch der Geschäftsmann, der an der Steuer vorbei gearbeitet hat, die Möglichkeiten, die der Kunstmarkt bereithält.

Wenn Sie sehen, dass ein Geschäftsmann Hunderttausende von Dollar für ein Bild mit zwei Strichen zahlt, staunen Sie – was soll das? Bin ich so dumm, dass ich von Kunst nichts verstehe? Tatsächlich ist alles ein bisschen kniffliger.

Der Kunstmarkt aus der Sicht eines Geldwäschers

Ich würde die Welt der Kunst von heute in drei Typen einteilen:
  • Typ 1. Werke anerkannter Meister. Dies ist wirklich eine Investition. Die Werke von Monet, Van Gogh und anderen anerkannten Meistern sind Investitionen, die jedes Jahr teurer werden und das war schon immer so. Sie haben mit unserem Thema nichts zu tun.
  • Typ 2. Werke unbekannter Meister. Natürlich war es in der Zeit von Van Gogh nicht nur Van Gogh, der malte, es gab viele, viele wenig bekannte Künstler und ihre Gemälde, die auch in Galerien ausgestellt, von Kennern gesammelt und auf Auktionen verkauft wurden. Diese Kunstwerke rücken zunehmend mehr und mehr ins Licht der Öffentlichkeit.
  • Typ 3. Zeitgenössische Kunst. Beide letzteren Typen werden zunehmend zum Spielball von Investoren, Kunstmaklern und all denjenigen, die mit Kunst an das schnelle Geld möchten. Geldwäsche gehört mit dazu.

Uns interessieren uns die letzten beiden Typen. Sprechen wir mal darüber, wie man ein Bild auf ein interessantes Geschäft vorbereiten kann.

Ein Kunstobjekt wird erschaffen

1. "Salvatore Schmutzfinkello", Absolvent des Madrider Instituts für freie Künste malt das Bild "Regnerischer Sonnenuntergang über der Loire" als Abschlussarbeit. Wir haben also einen ausländischen Künstler und einen klangvollen Namen dazu. Schon mal gar nicht schlecht!

2. Das Werk wird auf dem Markt in Marseille für 500 Franken an den Sammler verkauft, der das Bild in Umlauf bringt.

3. Das Bild nimmt an Ausstellungen teil, wechselt mehrere Besitzer, wird in Kunstmagazinen veröffentlicht und in jeder Hinsicht gefördert und genießt ununterbrochen PR.

4. Dem Bild werden allerlei Lob-Rezensionen von Kritikern eingekauft, von renommierten grauhaarigen Professoren der Kunstakademien, die anschließend in hippen Kunst-Magazinen platziert werden. Und ab diesem Zeitpunkt kostet das Gemälde nicht mehr 500 Franken, sondern 100.000 Euro.

Salvatore Schmutzfinkello. "Regnerischer Sonnenuntergang über der Loire"

Ein Kunstobjekt wird erschaffen

Salvatore Schmutzfinkello. "Regnerischer Sonnenuntergang über der Loire" (okay, erfunden). Wertsteigerung von €500 auf €5.000.000 in nur zwei Jahren!

 

Jetzt sind wir im Londoner Auktionshaus "Schrotthbey's". Das uns bekannte Gemälde wird zu einem anfänglichen Preis von 150.000 Euro angeboten. Die Dame auf der rechten Seite ist für 155 Tausend gut, der Mann aus der dritten Reihe ist mit 200.000 dabei, die Frau im Hut ist bei 250.000. Wer bietet mehr?

Der Preis steigt plötzlich auf eine Million Euro! Eineinhalb Millionen! Zwei! Drei! Fünf!!! Verkauft!!!

Was ist passiert? Lediglich hat ein weiterer "Geldsack" ein Kunstobjekt gekauft. Und was nun? Nun gut aufgepasst - wir zeigen die Masche auf, die hinter einer vermeintlich sauberen Auktion stehen kann.

Die Geschichte der Familie Korruptschow

Ein käuflicher Beamte aus Russland "Herr Korruptschow", ein braver Familienvater, konnte den Verlockungen nicht widerstehen und so ausgestattet mit viel Geld aus vielen Korruptionsfällen, konnte man mit der Familie ins schöne London ziehen.

Korrupter Beamte

Korrupter Beamte

 

Die Schmiergelder sind auf dem Unternehmenskonto gebunkert (in Übersee) und müssen nun irgendwie legalisiert werden, sonst fragt das britische Finanzamt sofort, woher eine so große Geldmenge stammt und es besteht für den Herrn Korruptschow die Gefahr, den Rest der Tage im Gefängnis zu verbringen oder, viel schlimmer, zurück nach Russland abgeschoben zu werden.

Um das Geld zu legalisieren, eröffnet die Frau Korruptschowa im Voraus eine Firma in Dubai, etwas wie "Art Invest Corp. International". Natürlich in der freien Wirtschaftszone, um keine Steuern zu zahlen.

"Art Invest Corp. International" kauft und verkauf immer wieder allerlei Kunstgegenstände - Vasen, Bilder etc., das Büro ist schön, Unternehmen repräsentativ, mit seiner schönen Website und so weiter. Vielleicht sogar mit einem Salon oder Boutique in Moskau.

Lesen Sie auch: Wie Geldwäsche in Nobel-Boutiquen funktioniert

Der Beamte beauftragt einen Anwalt, der über ein Netzwerk von Strohmännern ein Unternehmen wie etwa "Super International Trading, Huddel & Brassel, Zahlemann un Söhne" gründet, was auch immer, das alle Schmiergelder aus Russland für Straßenreparaturen, Vergabe von Baurechten, Reparaturen für Staatsobjekte etc. bunkert.

Und nun entscheidet sich die Frau Korruptschowa und ihre "Art Invest Corp. International", ihren Schatz, ihre Perle, ein Bild des (in engen Kreisen) berühmten Salvatore Schmutzfinkello "Regnerischer Sonnenuntergang über der Loire" zu versteigern.

Kunstversteigerung Auktionshaus

Kunstversteigerung Auktionshaus

 

Wie teuer ist das Bild jetzt?

Und dann, unerwartet für alle, beginnt der Kampf in der Auktionshalle, und die Strohmänner erhöhen den Preis des Gemäldes auf eineinhalb Millionen Dollar! Zwei Millionen! Drei Millionen! Fünf! Fünf Millionen! Verkauft!

Ein älterer Mann in einem teuren Anzug lächelte, nahm Applaus entgegen und unterzeichnete einen Zahlungsauftrag im Namen von "Super International Trading, Huddel & Brassel, Zahlemann un Söhne" an "Art Invest Corp. International" - 5 Millionen Euro!

Clever. Der korrupte Beamte Herr Korruptschow hat gerade 5 Millionen vor Ihren Augen reingewaschen und legalisiert! Eine Brosche von Prinzessin Diana wird morgen für 50 Millionen verkauft...

Also, Herrschaften, Käufer und Verkäufer von Kunst sind oft die gleichen Personen, die über Agenten handeln. Das heißt Sie verkaufen selbst Bilder und das Geld fließt dorthin, wo es hinfließen muss. Und hier gibt es keine Magie, kein besonderes Verständnis, keinen Geschmack und Sinn für die Schönheit von Kunst – es ist nur ein Markt.

"Kunstwerke eignen sich perfekt für die Geldwäsche, da es unmöglich ist, ihren genauen Preis objektiv zu bestimmen."

Dieses Beispiel ist dabei noch eines, was man zu durchschauen vermag. Bei einer wirklichen Planung wird die Strohmännerkette so verwirrend aufgebaut, dass es unmöglich wird, den wirklichen Eigentümer und Käufer des Kunstwerks zu bestimmen.

Geldwäsche. pixabay.com, Bruno / Germany

Geldwäsche auf dem Kunstmarkt

Wie man Geld auf dem Kunstmarkt wäscht – eine reale Geschichte aus der Praxis. Der Kunstmarkt erlebt in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Millionen werden in Kunstwerke investiert. Aber es ist nicht immer klar, woher das Geld kommt.

 

Mit Geld in der Hand

Untersuchungen zu den Panama Papers im Jahr 2016 haben unter anderem ergeben, dass darin sehr häufig auch um den Verkauf von Kunstwerken geht. Stroh-Firmen mit Offshore-Adressen wurden für illegalen Kunsthandel verwendet. So entstanden auch wertvolle, mit Geld geschaffene Kunstsammlungen, wo der Ursprung des Geldes absolut undurchsichtig war.

Spuren führten oft in die Schweiz, in sogenannte "Zollfreilager" oder "Duty-free Selfstorage", also Lagerräume, die sich in steuer- und zollfreien Gebieten befanden. In der Schweiz gibt es mehr als zweihundert davon.

Zollfreilager. Lager der Meisterwerke

Heute kommt niemand mehr zu Auktionen mit Koffern voller Geld. Hochrangige Beamte aus Ländern, in denen Korruption weit verbreitet ist, Mafiosi und Milliardäre, die ihr Vermögen auf nicht ganz legale Weise gemacht haben, haben Anwälte, Prokuristen, Stroh-Unternehmen...

Kunstwerke eignen sich perfekt für die Geldwäsche, da es unmöglich ist, ihren genauen Preis objektiv zu bestimmen. Und die erworbenen Meisterwerke können in Zollfreilager aufbewahrt werden. Das ist sogar noch besser als bei der Bank, denn niemand muss dann berichten, was genau und in welcher Höhe dort aufbewahrt wird.

Selfstorage im Duty-Free-Bereich eines Flughafens

Zollfreilager (Selfstorage) im Duty-Free-Bereich eines Flughafens

 

Die berühmte britische Journalistin und Autorin Georgina Adam lernte den Schweizer Yves Bouvier kennen, der sich auf den Transport und die Lagerung von Kunstwerken in zollfreien Gebieten spezialisiert hat. Bouvier besitzt solche Selfstorages in Genf, Luxemburg und Singapur.

Die Fläche dieser riesigen Räumlichkeiten in den Häfen oder in unmittelbarer Nähe der Flughäfen beträgt zehntausende Quadratmeter. In einem Gespräch mit der Journalistin behauptete Bouvier, dass dort hauptsächlich Gold gelagert wird.

Doch wie Georgina Adam in einem Interview mit der "Welt" berichtete, traf sie ihn mehrmals auf Kunstmessen, auf denen er für seine Lager in der zollfreien Umgebung warb und darüber hinaus als Kunsthändler tätig war.

Wie man versucht hat den russischen Oligarchen Rybolowlew zu überführen

Im Jahr 2015 kam es zu einem Skandal um eine Klage des russischen Oligarchen Dmitri Rybolowlew gegen Bouvier. Der Milliardär und Kunstsammler beklagte, Bouvier habe versucht, ihm ein Gemälde von Mark Rothko für 140 Millionen Euro zu verkaufen, dessen Marktwert nur halb so hoch war. Im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass dwlew über die Schweizer insgesamt rund vierzig Kunst-Meisterwerke erwarb, für die er nach Schätzungen mindestens zwei Milliarden US-Dollar bezahlt hat.

Die skandalöse Betrugsgeschichte führte dazu, dass man anfing über die Duty-Free-Lager zu reden aber auch warum Rybolowlew so viel für die Bilder bezahlt hat. Allerdings hat ihn niemand offiziell wegen Geldwäsche angeklagt. Die Rechnungen für solche Finanztransaktionen wurden jedenfalls in den Steueroasen wie den Jungferninseln ausgestellt, daher wurde Bouvier zumindest Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Eine Million Euro Strafe

Dieser und andere Skandale haben dazu geführt, dass die Europäische Union die Kontrollregeln für Finanztransaktionen und mögliche Geldwäsche verschärft hat.

Heutzutage müssen Kunstgalerien, Kunsthändler und Auktionshäuser über alle Zahlungen und Geldquellen bei den Zahlungen in Höhe von über 10 Tausend Euro melden, auch wenn dieser Betrag nicht sofort, sondern in Teilen gezahlt wird, falls Zahlungen miteinander zusammenhängen. Bis zum letzten Jahr lag diese Grenze bei 15.000 Euro.

Barzahlung ist eine gängige Zahlungsweise im Kunsthandel. Dabei fragen Kunsthändler aus Angst, einen Kunden zu verlieren, sehr oft nicht, woher das Geld stammt, obwohl sie dies grundsätzlich tun müssen.

Wenn bei solchen Transaktionen nun die Herkunft des Geldes unklar ist, müssen sie empfindliche Bußgelder zahlen. Selbst wenn sie die Erklärung einfach nicht rechtzeitig abgegeben haben, kann eine Geldstrafe von 30.000 Euro verhängt werden. Und wenn sich herausstellt, dass das Geld, das für Kunstwerke bezahlt wird, unabhängig von der Höhe, kriminellen Ursprungs ist, müssen Sie bis zu einer Million Euro oder das Doppelte des Verkaufspreises des Gemäldes bezahlen.

Im Übrigen hat die Einführung dieser Regeln vor allem in der Schweiz ernsthaften Widerstand bei den Kunsthändlern ausgelöst. Sie protestierten gegen die "staatliche Regulierung" des Kunstmarktes. In Deutschland wurden diese Regeln jedoch eingeführt. Wie konsequent sie umgesetzt werden können, ist eine andere Frage.

UPDATE: Das "Rotarmist auf einem Pferd – Kunstwerk"

Beim Fall des "Kunstwerks" "Rotarmist auf einem Pferd" muss der Betrachter sicherlich schmunzeln, denn das Bild erscheint von Kinderhand gemalt und könnte in jedem beliebigen Kindergarten an der Wand hängen.

Rotarmist auf einem Pferd

Rotarmist auf einem Pferd. Screenshot vom 15.01.2020, Quelle: https://www.avito.ru/moskva/kollektsionirovanie/risunok_krasnoarmeets_na_loshadi_1865894650

 

Aber Sie schmunzeln doch sicherlich nicht, nachdem Sie den Artikel oben gelesen haben, nicht wahr? Sondern Sie fragen sich jetzt, ob das nicht ein einfacheres und umso effektiveres Verfahren ist, Geld zu waschen?

Der "Künstler" bietet das 1984 entstandene Bild im Internet an und verlangt dafür umgerechnet 2 Millionen Euro! Laut Aussage des Künstlers soll es seinen künftigen Besitzern beim Betrachten Ruhe und Harmonie bringen.

Das Angebot ist am 13. Januar 2020 auf Avito (das russische Pendant zu eBay Kleinanzeigen) erschienen.

Da die Geschichte im Internet viral ging, wurde auch die Presse darauf aufmerksam und ein Journalist fragte beim Künstler an, ob es noch ein wenig Verhandlungsspielraum gäbe. Der Künstler lehnte das ab.

Sicherlich eines der krasseren Beispiele, da dem Bild anzusehen ist, dass es sichtlich schlecht gemalt wurde und das eher als Scherz zu werten ist , der dem Macher vielleicht ein wenig mediale Aufmerksamkeit bringt.

Aber wer kann das von einem roten Farbklecks auf einer richtigen Leinwand und in einem tollen Rahmen dem Bild schon ansehen, ob es Kunst ist oder Fake?

Die Rechnung ist einfach: 140 Mio. Rubel sind umgerechnet 2 Mio. in Euro. Bei einer pauschalen Einkommensteuer von 13% zahlt der Verkäufer (wenn überhaupt), sagen wir, mit allen Unkosten €300.000 an den russischen Staat. Dafür hat er 1.7 Mio. blütenweiß gewaschen.

Schnell und effektiv, ohne lange Wartezeiten, alles in Allem kein schlechtes Geschäft, nicht wahr?

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