Twitter geht es von Mal zu Mal schlechter – jetzt trennt man sich von Vine. Steht der Microblogging-Dienst vor dem Aus?
Der vor kurzem zu Twitter zurückgekehrte Gründer Jack Dorsey hat es also derzeit schwer, Twitter wieder ins profitable Fahrwasser zu navigieren. Wo liegen die Probleme von Twitter und ist Dorsey im Stande sein Unternehmen noch zu retten?
Twitter verliert an vielen Fronten
Die Ausgangssituation heute ist die, dass Twitter im Vergleich zu seinen Konkurrenten an vielen Fronten verliert. Facebook hat viel mehr treue Nutzer aller Altersgruppen, man kommuniziert über WhatsApp, man teilt Fotos und Lebensereignisse über Instagram und das junge Publikum fährt auf Snapchat ab.
Da noch zu twittern und gehört zu werden, gerät zu einem immer schwierigeren Unterfangen. Nutzer verbringen immer weniger Zeit auf Twitter und die vorherigen CEO's konnten die Situation nicht ändern. Die Rückkehr von Jack Dorsey im Herbst 2015, der sich einst aus dem operativen Geschäft verabschiedet hatte, und jetzt wieder das Unternehmen aktiv leitet, hat vielen wieder Vertrauen in das Unternehmen gegeben.
2008 hatte Dorsey sind vom Posten des Direktors zurückgezogen und ihn an den Mitbegründer Evan Williams übergeben. Dorsey wurde in dieser Zeit immer wieder unterstellt, dass er nicht bereit war das Unternehmen zu führen. Ein bisschen später trat Dorsey auch aus dem Verwaltungsrat aus. Nach dem Austritt riss der Kontakt zu Twitter ab.
Im Jahr 2009 gründete er die Firma "Square", die sich auf Zahlungen über mobile Geräte spezialisierte und 2010 das Geschäft aufnahm. Für Jack Dorsey begann eine ganz neue Lebensphase.
Aber im gleichen Jahr 2010 trat Evan Williams aus dem Amt des Generaldirektors von Twitter, um sich auf seine Familie und andere Interessen zu konzentrieren.
Er wurde von Dick Costolo ersetzt, der in dieser Position bis zum Sommer 2015 gearbeitet hat. Im Jahr 2011 kehrte Dorsey in den Verwaltungsrat von Twitter zurück. Auf seinen Rat erwarb Twitter im Jahr 2012 den Service von kurzen Videos "Vine", der zu der Zeit noch nicht offiziell seinen Betrieb aufnahm.
Nach Verlassen von Jack Dorsey aus dem Unternehmen, stiegen die Nutzerzahlen bei Twitter an und erreichten 2014 die Rekordzahl von 255 Millionen aktiven Nutzern pro Monat. Das Wachstum verlangsamte sich immer wieder. Im Jahr darauf kam es zu einem merklichen Rückgang.
Lesen Sie in unserem Beitrag über Growth Hacker: Als Growth Hacking bei Twitter noch Wirkung gezeigt hat...
Die Unfähigkeit von Dick Costolo, dass Unternehmen in Einklang mit den Erwartungen der Aktionäre zu bringen, führte zu seinem Rücktritt. Im August 2015 fiel der Wert der Twitter-Aktie auf ein neues Rekordtief. Dorsey hat Costolo auf unbestimmte Zeit ersetzt.
Personalpolitik
Laut Evan Williams kam Jack Dorsey, wegen seiner zu festen Bindung an "Square", nicht als Hauptkandidat für den CEO-Posten von Twitter in Frage. Twitter brauchte jemanden, der seine ganze Aufmerksamkeit geben könnte. "Square" bereitete sich zu der Zeit auf einen Börsengang vor, was für Dorsey zusätzliche Probleme und Herausforderungen bedeuten könnte.
Ausgelöst durch die schlechten Unternehmenszahlen, kamen die ersten Gerüchte auf, dass Twitter womöglich an Google verkauft werden könnte. Das Unternehmen schaute sich in dieser Zeit nach einer neue Personalie um, die Twitter wieder auf Kurs bringen sollte. Einer von ihnen war Sundar Pichai. Mit ihm glaubte man Twitter auf ein solideres Fundament heben zu können.
Dorseys Kollegen glaubten, dass er ernsthaft als Chef an die Unternehmensspitze gehören würde. Eine solche Person hat das Potenzial, das Unternehmen aus der Krise zu führen.
"Es scheint mir, dass er in einen Zeitraum ging und studierte dort 40 Jahre lang und kehrte dann zurück. Wie ist seine Transformation sonst zu erklären? Woher hat er so viel Vertrauen, praktische Ratschläge und Sicherheit bekommen? Heute scheint er tiefer, gründlicher zu sein. Als ob im Gespräch mit einem Mann verwickelt ist, der plötzlich viel älter wurde." - Biz Stone, Mitbegründer von Twitter
Nach Einschätzung von Experten lag einer der gravierendsten Fehlern von Twitter im Kampf gegen Drittanbieter
Werbeplattform, Monetarisierung und Fehler
Im Jahre 2015 konnte das Unternehmen eine starke Werbeplattform aufbauen, und sie sogar auch für Videos öffnen, aber langsames Wachstum und verringerte Nutzeraktivität konnten Werbetreibende abschrecken.
Nach Einschätzung von Experten lag einer der gravierendsten Fehlern von Twitter im Kampf gegen Drittanbieter, anderen Twitter-Clients und ähnlichen Anwendungen auf Twitter-Basis und grundsätzlich Einschränkungen von API-Funktionalität, die in den frühen Stadien dazu beigetragen haben, dass die Popularität von Twitter sich erhöhte. Die unabhängigen Entwickler und Anbieter, die Twitter-API nutzten und dadurch Twitter bekannt gemacht haben, waren unerfreut und eigene Entwicklung aus dem Hause Twitter waren alles andere als atemberaubend.
Nach der offiziellen Wiederernennung von Jack Dorsey zum CEO hat er sich während einer Rede auf der Konferenz Flight bei den Entwicklern entschuldigt und versprach, dass das Unternehmen unter seiner Führung, die Entwicklung von Anwendungen nicht behindern wird.
Zitat: "Menschen auf der ganzen Welt wissen über die Macht von Twitter, aber sie verstehen nicht, warum sie es selbst anfeuern müssen." - Jack Dorsey
Moments – Twitter wird zur Nachrichten App
Anstatt weiter Geld in die Entwicklung zu stecken, konzentrierte man sich mehr auf die Gewinnung von bekannten Persönlichkeiten, Meinungsführern und Politikern, die bei Twitter wieder für Aufwind sorgen sollten.
Dieser erhöhte den Nutzen für diejenigen, die immer darüber auf dem neuesten Stand bleiben wollten, was in der Welt aktuell geschieht. Allerdings sind nicht alle bereit oder in der Lage, dem riesigen Informationsfluss zu widerstehen, der nicht so einfach und bequem gefiltert werden kann, was schließlich zum Wunsch führt, den Nachrichtenstrom zu verlassen.
Man erkannte dieses Problem bei Twitter und führte (zunächst nur in den USA) eine neue Nachrichtenfunktion ein, die "Moments" heißt und von Usern wie auch Medien genutzt werden kann.
Darin werden Nachrichten aufgearbeitet, von Hand, von einer kleinen Gruppe von Twitter-Redakteuren und nicht von einem maschinellen Algorithmus.
"Moments" hat unterschiedliches Feedback erhalten - einige lobten das Unternehmen für den Wunsch zu wachsen und neuen Benutzer zu helfen, sich zurechtzufinden, aber es gab auch diejenigen, die die Mängel kritisiert haben, wie eine fehlende algorithmische Aggregation und fehlende Innovationen bei dem Produkt dieser Art, im Vergleich zu vielen ähnlichen Diensten.
Fehlt Twitter die Grundidee?
Experten bemängeln die Tatsache, dass Twitter seinen Nutzern keine Werte bietet, die für einen unabdingbar sein könnten. Das Unternehmen entwickelte im Laufe der Jahre keine klaren und verständlichen Ideen und somit Gründe für den Nutzer, bei Twitter dauerhaft zu bleiben...
Es fehlt die Grundidee
Seit Anfang an gab es bei Twitter-Gründern keine einheitliche Position darüber, welche Funktionen entwickelt werden müssen und wofür, und welche man am besten lassen soll. Weiterhin hielt man an seiner Idee fest, die Nachrichten auf 140 Zeichen zu begrenzen.
Experten gehen davon aus, dass es Twitter derzeit an einer klaren Position und Ausrichtung fehlt. Während seines Bestehens hat das Unternehmen keinen klaren und verständlichen Wert für Menschen entwickelt, also einen echten Grund für den Nutzer bei Twitter zu bleiben.
Auch wenn Twitter sich in der Vergangenheit immer wieder als effektives Mittel erwiesen hat Nachrichten aus aller Welt aktuell, insbesondere aus Krisengebieten und in der Protest- und Oppositionellen-Bewegung, zu übertragen, nimmt Twitter kaum Stellung dazu und vermeidet jeglichen Kommentar zu politischen Themen.
Auch beim Problem von Beleidigung und Verleumdung über Twitter, kommen aus dem Unternehmen kaum Reaktionen. Immer wieder machte Twitter Negativschlagzeilen, weil es Drohungen oder Beleidigungen gegen Einzelpersonen gab.
Dick Costolo kritisierte die Entwickler für ihre Unfähigkeit, Konflikte zwischen den Nutzern algorithmisch nicht aufflammen zu lassen, und in gewisser Weise den negativen Strom von Beleidigungen und Drohungen gegen Einzelpersonen zu reduzieren.
Im Gegenzug dazu haben die Mitarbeiter des Unternehmens der Führung vorgeworfen, nicht fähig zu sein, wichtige Entscheidungen zu treffen, weshalb viele neu entwickelte Funktionen entwickelt, oft nicht realisiert wurden.
Jack Dorsey verhält sich anders. Genau die Bildung von klaren Werten bei Twitter ist laut Dorsey seine Hauptaufgabe. Dorsey hat die einzelnen Schritte noch nicht offen gelegt, aber in seinen Interviews stellt er klar fest, dass er Twitter den Status einer wichtigen Quelle von nützlichen Informationen zurück geben möchte und das in so genannten Informationscommunitys.
Veränderungen bei Twitter
Außerdem wurde eine Menge Aufmerksamkeit weiterhin Vine und dem immer beliebter werdenden Periscope geschenkt. Laut diskutiert wurde die Abschaffung der 140 Zeichen Grenze, etwas, was bis dato nie zur Disposition stand. Stark umstritten wurde das Ersetzen von Favoriten auf Like Button.
[Mehr über Vine lesen Sie in unserem Beitrag über seinen russischen Pentanten Coub]Das Unternehmen möchte außerdem schlanker werden. Es kam zu Stellenstreichungen von circa 9 Prozent der 4200 Beschäftigten bei Twitter. Durch den Abbau von 338 Mitarbeitern sollte das Unternehmen viel profitabler werden, aber dennoch eine gleichbleibende Leistung bringen.
Auch bei den Führungskräften wurde neu besetzt. Omid Kordestani, ein Informatiker und Unternehmer, ehemaliger Google's Vize-Präsident, bekleidet seit Oktober 2015 den Posten des Executive Chairmans. Twitter trägt sich auch mit der Absicht, die Zahl der weiblichen Mitarbeiter zu erhöhen und sich internationaler auszurichten.
Wie Kollegen betonen, war Jack Dorsey ursprünglich der Ideengeber und Kreativitätsmotor bei Twitter. Nach 10 Jahren setzen die meisten im Unternehmen immer noch auf Dorsey und halten ihn für die beste Führungspersönlichkeit mit der meisten Erfahrung.
Zitat: "Jack Dorsey bringt immer neue Ideen ins Unternehmen, auf die wir auch in Zukunft bauen. Wenn er während der Besprechung um das Wort bittet, dann sollte man lieber auf ihn hören. Hätte er nichts zu sagen, würde er nicht anfangen zu sprechen" - so Robert Andersen, der Creative Direktor von Square.
Jack Dorsey hat Ideen, und er will herauszufinden, ob sie gut genug sind um das Unternehmen zu verbessern und es solider aufzustellen.
Twitter-Dossier
Darunter ist der Präsident der USA genauso, wie Fußballstar Mesut Özil. Beispielsweise führt die Sängerin Katy Perry mit 93,1 Millionen Followern die Liste weltweit an (Stand: November 2016). Barack Obama liegt mit 77,7 Millionen kurz dahinter. Mesut Özil führt die Liste der Deutschen mit 10,66 Millionen an. Den Nachrichtensender CNN haben 41,3 Millionen abonniert und beispielsweise die Raumfahrtbehörde NASA 15,3 Millionen.
UPDATE:
Das Vögelchen zwitschert leiser. Twitter ist zunehmend angeschlagener!
Die Meldungen zu Twitter überschlagen sich derzeit und dabei sind die negativen Schlagzeilen in der Überzahl. Manche sprechen vom Verkauf. Übernahmeangebote, die es in der Vergangenheit gab, hält heute niemand mehr aufrecht. Außerdem schließt Twitter Vine.
Twitter schließt die mobile App "Vine" in den kommenden Monaten, das folgt aus einer Meldung im Twitters Firmenblog. Das überraschende Aus für Vine ist aber nicht ganz. Über die App wird der Upload von neuen Videos nicht mehr möglich sein. Die Website mit den bereits hochgeladenen Videos bleibt jedoch bestehen.
"Wir werden die Arbeit von der Website unterstützen, weil wir es für wichtig halten, dass die alten Videos noch zu sehen sind, die ihr hochgeladen habt. Wir benachrichtigen Sie, wenn sich etwas in unseren Apps ändert oder auf der Website ", - so die Erklärung von Teams von Twitter und Vine zu ihren Nutzern.
Gründe für das Beenden wurden seitens des Unternehmens nicht bekanntgegeben. Laut "The Verge", wurden bereits am 27. Oktober die Vine-Service-Mitarbeiter entlassen. Wie viele das sind ist nicht bekannt.
Vine wurde im Jahr 2013 ins Leben gerufen und man konnte dort Loop-Clips mit einer maximalen Länge von sechs Sekunden hochladen. Twitter kaufte es noch vor dem offiziellen Launch und Ende 2015 hatte man dort 200 Millionen Nutzer.
Die Kündigungswelle rollt an
Am 27. Oktober 2016 kam von Twitter die Ankündigung, dass 9 Prozent der Belegschaft abgebaut werden sollte, was einer Entlassung von 350 Mitarbeiter gleichkommt. Man wollte in erster Linie Vertrieb umstrukturieren und sich in erster Linie auf der Förderung vielversprechender Projekte konzentrieren.
Bereits im September 2016 kamen erste Gerüchte auf, dass Twitter sich von Vine komplett trennen wolle, außerdem sucht man einen Verkäufer für Twitter selbst. Unter den potenziellen Käufern wären Alphabet, Salesforce und Walt Disney gewesen, von denen aber niemand Interesse hatte.
Man kalkuliert, dass Twitter mit dem Abbau von rund 350 Mitarbeitern Einsparungen haben wird, die wiederum in andere Bereich investiert werden sollen. Einsparungen in Höhe von 50 bis 100 Millionen US-Dollar sind anvisiert. Das berichtet Recode und weist dabei auf die Twitters Unternehmensmeldung.
Drittes Quartal 2016 – gute Zahlen, trotz Negativmeldungen
Am Ende des dritten Quartals 2016 konnte Twitter Einnahmen in Höhe von 616 Millionen US-Dollar erzielen. Die monatlichen Nutzer belaufen sich auf 317 Millionen. Da diese Zahlen die Erwartungen der Analysten leicht übertrafen, stieg der Unternehmenswert sogar um 3 Prozent, trotz aller Negativmeldungen.
Twitter vor Verkauf?
Unter vorgehaltener Hand spricht man davon, dass mit Mitbegründer Jack Dorsey als CEO bei Twitter keine signifikanten Verbesserungen bei Twitter im letzten Jahr erfolgt sind.
"Es wurden ein paar Versuche unternommen, wie beispielsweise die Popularisierung von Live-Übertragungen, aber sie alle haben nicht funktioniert, wegen der internen Probleme des Unternehmens - zum Beispiel eines unzureichenden Kampfes gegen Nutzerbeleidigungen seitens anderer Nutzer" - schreibt "Recode".
Derzeit sind die Prognosen bei einem Verkauf von Twitter nicht die Besten. Man schätzt, dass bei einem heutigen Verkauf von Twitter kaum mehr als 18 Milliarden US-Dollar zu machen wären. Dieser Wert liegt deutlich unter dem Wert, der in der Vergangenheit geschätzt wurde und trotzdem ist das viel zu viel für ein Unternehmen, welches immer nur Verluste in jedem Quartal macht und Wachstumsprobleme hat.
Im Juli 2016 hatte TechCrunch eine Liste präsentiert, in denen die möglichen Käufer von Twitter aufgelistet waren. Als wahrscheinlichste Kandidaten wurden Google und Microsoft genannt, aber man hat auch einen Rücktritt von der Börse zwecks Umstrukturierung für möglich gehalten.
UPDATE:
Alphabet, Salesforce und Walt Disney verzichten auf Kauf von Twitter
Das Interesse an einem Kauf von Twitter nimmt immer mehr ab. Jetzt haben alle Interessenten - Alphabet, Salesforce und Walt Disney - ihre Kaufabsichten revidiert. Wie Bloomberg bekannt gab, wurde die Deals alle samt nicht bestätigt und abgelehnt.
Auch eine Sitzung des Board of Directors, bei dem externe Berater den Verkauf des Unternehmens beraten sollten, wurde abgesagt. Man ist aber auf der Suche nach einem Käufer. In naher Zukunft plant Twitter sich immer mehr in Richtung Live-Übertragungen von zu bewegen, um mehr Publikum zu erreichen.
Nach Schätzungen von Bloomberg, dürfte sogar Twitter derzeit nicht mehr als 16 Milliarden US-Dollar kosten und erzielen können. Laut TechCrunch haben Microsoft und Verizon Interesse für Twitter gezeigt.
[…] Costolo Dick Costolo bekleidete von 2010 bis 2015 den Posten des CEO bei Twitter, den er nahtlos von Evan Williams […]